Die zehn zum Theatertreffen 2021 nominierten Inszenierungen deutschsprachiger Theater werden vom 13. bis 24. Mai 2021 als Livestream aus dem jeweils produzierenden Theater oder als Aufzeichnung – u. a. in Zusammenarbeit mit dem Medienpartner 3sat – präsentiert. Einzelheiten zur Terminierung werden Ende April bekannt gegeben.
Ich konnte von dieser Auswahl bisher „Der Zauberberg“ in der Inszenierung von Sebastian Hartmann (Deutsches Theater Berlin) (HIER), „Einfach das Ende der Welt“ in der Inszenierung von Christopher Rüping (Schauspielhaus Zürich) (HIER dazu ein einführender Link) sowie „Medea*“ in der Inszenierung von Leonie Böhm (Schauspielhaus Zürich) (HIER) sehen.
Jetzt hatte ich noch die Gelegenheit, eine vierte der für 2021 ausgewählten Inszenierungen zu sehen: „Maria Stuart“ von Friedrich Schiller in der Inszenierung von Anne Lenk (Deutsches Theater Berlin).
Es ist ein Klassiker par exellence, aus der Zeit der Weimarer Klassik. Das absolutistische Denken steckte den Menschen in den Knochen, Gefühle sollten aber hinzukommen. Zwar nicht im Sinne des weit heftigeren damaligen „Sturm und Drang“, sondern ausgewogener, der ausgewogenen Klassik entsprechender. Königin Elisabeth ist insoweit in diesem Drama bekanntlich davon hin und hergerissen, wie sie mit ihrer Schwester Maria Stuart, die in England festgenommen wurde, umgehen soll. Soll sie das gerichtliche Todesurteil vollstrecken?
Die Inszenierung von Anne Lenk bleibt klassisch. Das Bühnenbild ist durchaus eigenwillig, eine durchaus interessante Idee, sie ändert aber nichts an der inhaltlichen klassischen Wirkung des Dramas von Friedrich Schiller. Zwar wird damit ein Recht eigenwilliger singulärer Auftritt aller SchauspielerInnen ermöglicht, es entsteht der Eindruck, jeder Akteur und jede Akteurin handle in seinen/ihren Grenzen. Es bleibt aber geradezu puristisch die klassische Erzählung. Klassik meets Klassik. Wie oben im Beitragsbild zu sehen ist, treten alle SchauspielerInnen jeweils in jeweils eigenen rot gefärbten Kästen auf, sie agieren allesamt getrennt voneinander. Vor allem Julia Windischbauer als Elisabeth, Königin von England, und Franziska Machens als Maria Stuart, festgenommene Königin von Schottland.
Damit allein – mit dem Bühnenbild – werden allerdings keineswegs besondere neue Aspekte des Dramas beleuchtet, es wird keine neue Sichtweise des Dramas gezeigt, es wird (anders als etwa in der Inszenierung „Medea* von Leonie Böhm) das klassische Drama – meist dem Originaltext treu – gespielt. Im Grunde wird dadurch nur der klassische Text des Dramas wichtiger. Und die argumentativen Handlungen der einzelnen Personen – die zaudernde Königin Elisabeth soll ja bei ihrer Entscheidung beeinflusst werden – werden dadurch ein wenig klarer beleuchtet. Das schon. Mehr nicht.
Die Jury des Berliner Theatertreffens formulierte in ihrer Begründung zur Auswahl dieser Inszenierung darüber hinaus zwar, es sei ein „an schauspielerischen Feinheiten reicher Abend“. Mein Eindruck dazu allerdings war, dass den Schauspieler und Schauspielerinnen doch – abgesehen vom Text – in ihren Kästen eigentlich sogar weniger Gelegenheit gegeben war, „schauspielerische Feinheiten“ zu zeigen.
Nun, das mag man auch anders empfinden. Je nach Interesse, sich in die Positionen der verschiedenen AkteurInnen hineinzuversetzen. Insoweit lohnt es sich dann doch, diese zum Theatertreffen 2021 ausgewählte Inszenierung spätestens im Mai online anzusehen.
HIER der Link zur Stückeseite von „Maria Stuart“ auf der Website des Deutschen Theaters Berlin.
Copyright des Beitragsbildes: Arno Declair
2 Comments
immer wieder sehr interessant und anregend
Danke, es macht Spaß!