Ja klar, man will ja mal die Zukunft erklären. Das scheint ja nicht schwer zu sein, wenn man den Titel dieser Inszenierung liest. „Die Polaks erklären die Zukunft!!“ Wobei damit nicht die Polen insgesamt gemeint sind, sondern das Geschwisterpaar Jasmina und Piotr Polak. Sie traten auf im Rahmen des kurzen Festivals „Warsawa – Munich“, das in den vergangenen Tagen an den Münchner Kammerspielen stattfand.
Ich will ja im Blog über Dinge schreiben, die andere noch sehen können. Heute aber schreibe ich einmal – kurz – über Dinge, die in München nicht mehr laufen. Es war eben ein kurzes Festival.
Einen Blick über den Tellerrand gab es – polnische Theater- oder Performanceveranstaltungen. Den nötigen Blick über den Tellerrand hat ja auch Angela Merkel gerade auf der Münchner Sicherheitskonferenz angesprochen. Es interessierte mich also, zu sehen, ob man schon in Polen – wenige 100 km von uns entfernt – ganz anders denkt. Vom 14. – 17. Februar zeigten die Münchner Kammerspiele Inszenierungen der jüngeren polnischen Regiegeneration, die neue Wege zu finden versucht. Etwa „Fantasia“, eine Arbeit von Anna Karasinska:

HIER der Link zur Seite der Inszenierung. Eine Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten des Theaters. Irgendwie harmlos, aber interessant gemacht. Die sechs Schauspieler auf der Bühne wurden live immer wieder aufgefordert, sich kurzzeitig in eine bestimmte Rolle zu begeben. Kurz wurde Ihnen über Mikrofon zugerufen, in welche Person sie sich versetzen sollten, und sie haben dann irgendwie eine Haltung dazu eingenommen. Meistens haben sie nichts gespielt, sondern sind geblieben, wie sie sind. Etwa eine Aufforderung wie: „Spiele eine Person, die nicht auf der Bühne stehen möchte“ (so ähnlich). Meist folgte nur eine minimale Änderung ihres Minenspiels – wenn überhaupt. Es lag an der Vorstellungskraft der Zuschauer, die die Anweisungen gehört hatten.
Oder „Cezary Goes to War“ von Cezary Tomaszewski:

HIER auch der Link zur Inszenierung. Eine Auseinandersetzung mit dem Militärischen in Polen, aber auch – ich habe es nicht ganz verstanden – mit dem Kapitalismus. Anscheinend wurden Parallelen gesucht.
Und eben „The Polaks Explain The Future“ von Wojtek Ziemlski.

Das wiederum fand ich am interessantesten: Es war ein Dialog der Polak-Geschwister mit ihrer Mutter. Die Mutter sagt etwa in ihrer negativen Einstellung, was die Zukunft betrifft:
You know, I really can’t see anything good in the future
Die Geschwister verteidigen erst die Gegenwart – in der Hoffnung auf Besserung und mit verrückten Aussichten auf Möglichkeiten, die sich uns Menschen in der Zukunft auftun werden. Und mit der Vision, dass sich die Menschen gut verstehen werden. Dann wiederum verstehen sie aber doch die negative Sicht ihrer Mutter! Und am Ende sagen Sie:
… when you’re not afraid you can finally think of what to do next.
Da ist sicher etwas dran: Was hilft’s! Man muss wohl positiv denken, um die Dinge irgendwie voran zu bekommen. Angst hilft nicht weiter. Nicht den Kopf in den Sand stecken. Aber andererseits: Man muss die Dinge eben auch anpacken! Aber das war nicht das Thema der Inszenierung. Aber ich fand es schon interessant, dass offenbar junge Menschen in Polen im Grnde nicht anders denken dürften, als junge Menschen in Deutschland etwa.
HIER der Link zu den Seiten der Kammerspiele zur Inszenierung.
Insgesamt waren es auffallend schlicht gehaltene Inszenierungen. Man müsste ein solches Festival mit Produktionen aus ganz Europa bringen! So etwas wie ein Theatertreffen für Europa! Übersetzungsmöglichkeiten – auch simultan – wird es heute ja geben. Das Theatertreffen in Berlin etwa immer nur auf Deutschland und deutschsprachige Bühnen zu beziehen, ist ja demgegenüber geradezu nationalistisch. Und genau das muss ja nicht sein. Wo ist der europäische Kulturaustausch?
©️ des Beitragsbildes: Maurycy Stankiewicz
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