Es ist momentan beeindruckend zu sehen, dass die Vorstellungen im Münchner Volkstheater doch immer wieder weitgehend ausverkauft sind. Und das in den sehr groß angelegten beiden Theaterräumen des noch neuen Theaterbaus. So auch bei der Aufführung von Jean Genet‘s „Die Zofen“.
Aus momentanem Zeitmangel heraus halte ich hier nur ein paar kurze Eindrücke zu „Die Zofen“ fest. (Entschuldigung für die Unordnung des folgenden Textes).
- Das Bühnenbild hebt alles in eine starke Abstraktheit. Verspiegelung ist das alles beherrschende Thema des Bühnenbilds. Alles ist verspiegelt, selbst der Bühnenboden. Geprägt wird die Bühne von einem Karussell mit Pferden, das in der Mitte steht, sich manchmal dreht. Alles verspiegelt. Auch die beiden Treppen, die links und rechts am Bühnenrand stehen und in die Höhe führen: Verspiegelt. Weiter: Die linke Hälfte der Bühne ist insgesamt spiegelgleich der rechten Hälfte der Bühne. Sogar die beiden Einstiegsklappen zum Untergrund, die den beiden Zofen den Weg in ihre Küchenwelt ermöglichen, sind identisch angelegt. Auch das Karussell selbst hat zwei spiegelgleiche Hälften. Als wäre in der Mitte der Bühne ein Strich gezogen und alles gespiegelt. Es geht ja inhaltlich in gewisser Weise auch um Spiegelungen. So passt es also. Die Zofen versuchen, die Madame zu „spiegeln“, sie spielen mit der Spiegelung, um mit den bestehenden Verhältnissen des „oben und unten“ umgehen zu können. Sie wollen die gnädige Frau ja mit vergiftetem Lindenblütentee umbringen. Letztlich stirbt allerdings eine der beiden Zofen. Ich blickte allerdings nicht unbedingt gerne auf diese gewaltig verspiegelte Bühne mit meterhohem grauem Vorhang im Hintergrund. Es wirkte auf mich irgendwie unangenehm.
- Es spielt sich vor diesem Hintergrund noch dazu alles weitgehend in einer schwarz/weiß- oder grau-Stimmung ab. Nur die Kostümierung der gnädigen Frau bringt immer wieder deutlich Farbe. Auch das passt allerdings in gewisser Weise gut zum Inhalt von „Die Zofen“. Noch deutlicher in „schwarz-weiß“ gehalten war ja die – ebenfalls völlig abstrakt gestaltete – Inszenierung von „Die Zofen“ an den Münchner Kammerspielen aus 2014. HIER ein Trailer zur damaligen Inszenierung.
- Manchmal wird Musik eingespielt. Hier hätte mir eine Art musikalischer „Zugriff“ auf den Inhalt von „Die Zofen“ gut getan, der dem Ganzen etwas an Prägung gegeben hätte. Die Musik war zwar „ausgewählt“, hat aber nicht irgendeine spezielle Stimmung zum Stück besonders transportiert. So blieb der Eindruck: Das Geschehen von „Die Zofen“ wurde in all seiner Vielschichtigkeit von den drei Schauspielern wirklich klasse dargeboten, es wurden aber keine Schwerpunkte gesetzt. Eben auch nicht durch Musik. Ich hätte einen solchen Schwerpunkt gerne erkannt.
- Regie hat die Münchnerin Lucia Bihler. Die beiden Zofen und Madame werden von drei jungen Schauspielern – nicht Schauspielerinnen – gespielt. Silas Breiding (Madame), Jakob Immervoll (eine Zofe) und Lukas Darnstädt (die zweite Zofe). Das mag schon Jean Genet so vorgesehen haben. Es ist jedenfalls keine ganz neue Idee für „Die Zofen“. Ich fand es aber für „heute“ eher unnötig, man kennt den Geschlechterwechsel im Theater zu gut. Dass es sich beim Inhalt von „Die Zofen“ nicht um ein reines Frauenthema handelt, ist klar. Die weite Bedeutung des Themas von „Die Zofen“ muss aber meines Erachtens nicht mehr dadurch gezeigt werden, dass männliche Schauspieler gewählt werden. Es hat mich fast ein wenig gestört, fiel fast schon wieder etwas aus der Zeit.
- Die Frage war generell: Was macht man heutzutage mit dem Thema von „Die Zofen“? Ist es noch ein Thema? Jean Genet hatte das Stück 1947 geschrieben. Klassenunterschiede waren damals ein größeres Thema als heute. Wir haben uns an Klassenunterschiede gewöhnt. Die ewige gewollte und ungewollte Festschreibung der Klassenunterschiede sind heute vielleicht das Thema. Ein solcher Schwerpunkt begegnete mir an diesem Abend aber nicht. So blieb die Inszenierung beim gleichwertigen Aufzeigen zu vieler Aspekte, dem Originaltext geschuldet: Bewunderung, Hass, Liebe, Abhängigkeit, Gehorsam, Rituale und und und. Es sind eben sehr viele Aspekte, denen sich der Originaltext widmet.
Mein Fazit daher: Ich habe „Die Zofen“ gesehen, es hat mich aber nicht aufgerüttelt, bewegt, angeregt oder ähnlich. Es ging an mir etwas vorbei. Andere haben es anders gesehen, der Applaus war stark.
HIER der Link zur Stückeseite auf der Website des Münchner Volkstheaters.
HIER ein Trailer:
Copyright des Beitragsbildes: Christoph Arlt
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