Es hätte auch heißen können: „Ein Abend der Liebe“. Es geht nicht um Korea – nicht um Nordkorea und Südkorea -, es geht um die Liebe und jede Minute des insgesamt zweieinhalbstündigen Abends hätte auch zwei Minuten verdient gehabt. Der Abend hätte so auch 5 Stunden dauern können.
Am Metropoltheater in München wird derzeit – noch fast täglich – das Stück des französischen Autos Joël Pommerat „Die Wiedervereinigung der beiden Koreas“ gebracht. Ein sehr kluges und sehr feinfühliges Stück über die Liebe. Keine Romanze, es wird auch nicht etwa ein bestimmtes Einzelthema zur Liebe dargestellt, es sind lauter verschiedene Aspekte um die Liebe, die in fast 20 Szenen dargestellt werden.
Natürlich betrifft das Thema Liebe auch Sie, liebe/r Leser/in! Meine Empfehlung: Hingehen, ein auch Sie betreffender Theaterabend! [Ein Tipp für Münchner: Das Metropoltheater ist von München-Zentrum aus mit der U-Bahn (Station Freimann) sehr bequem zu erreichen!]
Denn was ist denn die Liebe? Sie ist ja fast nie in purer Gestalt zu erleben, jeder hat sie, sucht sie, aber sie wird ständig beeinflusst, wird enttäuscht, verfälscht, nicht gesehen, wird anerkannt, geleugnet, verändert sich, hat höchst persönliche Hintergründe, kann nicht geäußert werden, wird nicht erwidert, hat Vergangenheit und und und. Sie sind es, diese Aspekte, die um die Liebe kreisen und die pure Liebe immer „stören“, „beeinflussen“. Und um diese „Wirren“ um die Liebe herum geht es in Pommerats Stück. Die Szenen enden manchmal recht abrupt, lassen damit den Zuschauer mit einem kurzen Eindruck alleine! Es wäre manches Mal interessant gewesen, wenn die Szenen „gedehnt“ worden wären. Hinter jeder der verschiedenen Szenen steckt ja immer eine ganze Welt, stecken mehrere Welten, weil jeder der Beteiligten ja seine eigene Welt mitbringt. Man spürt aber auch in diesen kurzen Szenen diese Welten, die in allem stecken.
Dazu, dass man viel spürt in den Szenen, tragen alle SchauspielerInnen durchweg überzeugend bei! 5 Schauspielerinnen und 4 Schauspieler spielen in den Szenen insgesamt 27 Frauen und 24 Männer.
Das Stück „Die Wiedervereinigung der beiden Koreas“ beginnt mit einer Frau, die dem Publikum erklärt, dass sie sich scheiden lässt. Und das Stück endet mit einer Frau, die sich auf der Bühne langsam tanzend im Kreise dreht, während um sie herum (in Gestalt aller SchauspielerInnen des Abend) die Wirren der Liebe kreisen – könnte man sagen.
Die Inszenierung hält sich gestalterisch zurück, der Text und die Personen wirken. Eine schwarze Bühne, die SchauspielerInnen, vielleicht ein/zwei Gegenstände, das ist es fast schon. Die Szenen werden immer kurz unterbrochen durch angespielte Musik von Asaf Avidan. Fast melancholische, langsame, nicht fröhliche Musik. Auch das passt: Es sind viele Szenen, die einen eher traurig machen können. Liebe hat eben so oft – fast immer – etwas mit Missverständnis zu tun, mit Unverständnis, Verwirrung, so steckt aus meiner Sicht hinter vielen der Szenen – aber fast versteckt, nicht vordergründig – eher Traurigkeit als Fröhlichkeit.
Joël Pommerat, geboren 1963 in Frankreich, wird auf deutschen Bühnen recht selten gespielt. Vor allem die größeren deutschen Bühnen haben ihn bisher nicht gebracht, soweit ich sehe. Das Burgtheater in Wien brachte einmal „Die Wiedervereinigung der beiden Koreas“. In Frankreich hat er Erfolge seit vielen Jahren, beginnend Mitte der Neunziger.
HIER der Link zum Wikipedia Eintrag zu Joël Pommerat.
HIER ein Gespräch mit dem Hausregisseur des Metropoltheaters Jochen Schölch, der auch „Die Wiedervereinigung der beiden Koreas“ inszenierte.
HIER der Link zur Stückeseite auf der Website des Metropoltheaters.
Copyright des Beitragsbildes: Metropoltheater München / Fotograf: Jean-Marc Turmes
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