Er mag es vielleicht oft düster. Der in der ehemaligen Sowjetrepublik Kasachstan geborene Regisseur Evgeny Titov – ehemalige Sowjetrepublik wie die Ukraine! Wahrscheinlich ist das riesige Kasachstan ein unglaublich schönes weites Land, zwischen Russland und China gelegen.
Man sieht Evgeny Titovs gewissen Hang zum Düsteren auch auf seiner schwarz gehaltenen Website – HIER. Das Ganze macht er aber sicherlich nicht einfach so. Er inszeniert wohl oft so, dass die Stücke generell zu Gesellschaftskritiken in verschiedenen Aspekten dienen können, und dazu hilft ihm manches Mal auch die Düsternis. Er mag es wohl, Stücke irgendwie aus ihrem „helleren Rahmen“ herauszuholen und zu genereller Gesellschaftskritik zu erheben. Nicht sehr offensichtlich, sondern fast nur durch Akzente, aber doch erkennbar. Das scheint sein Ansatz zu sein – was natürlich im Theater nicht etwas völlig Ungewohntes ist.
Am Münchner Residenztheater hat Evgeny Titov jetzt „Gier unter Ulmen“ von Eugene O’Neall inszeniert, ein amerikanisches Stück. Es ist ohnehin ein düsteres Stück, ein Stück über gierigen Materialismus und über die Zerstörung der Gefühlswelt. Evgeny Titov treibt aber auch hier die Düsternis des Stückes etwas weiter. Er verändert das Stück nicht grundsätzlich, um zu dieser Düsternis zu gelangen. Nein, “Gier unter Ulmen“ etwa wird nicht “Gier unter Ulmen NACH Eugene O‘Neill“, sondern es bleibt ganz klar ein “Gier unter Ulmen VON Eugene O‘Neill“. Im Wesentlichen wortgetreu wird das Stück wiedergegeben.
Bei „Gier unter Ulmen“ am Münchner Residenztheater ist es die Darstellung insgesamt, mit der Evgeny Titov das Stück zu Grundsätzlichem „erhebt“. Vor allem ist es das Bühnenbild, das dem Stück diesen Rahmen gibt. Das Stück des ersten amerikanischen Literaturnobelpreisträgers Eugene O’Neill spielt ja eigentlich auf einer Farm, in verschiedenen Zimmern. Die Farm – erst recht die Ulmen! – verschwindet bei der Inszenierung von Evgeny Titov. Man sieht nur Felshügel, umgeben von alten Gemäuerresten. Dunkle Bühne. Meines Erachtens eine etwas zu ideenlose Bühnegestaltung. Sie macht das Geschehen allerdings zeitlos. Alles spielt sich vor desolatem Zustand ab! Völlig heruntergekommen, es beginnt mit einem Lagerfeuer und zerlumpten Klamotten der beiden anderen Söhne des Patriarchen. Vorsintflutaritge Zeiten fast.
Die zwei älteren Söhne zieht es dann nach Kalifornien, der Goldrausch! Das amerikanische Thema! Nur der Jüngste, Eben, bleibt. Er sieht sich als künftigen Erben der Farm. Vor allem die dritte Ehefrau des bisherigen Farmbesitzers ist bei “Gier unter Ulmen“ aber auch gierig nach der Farm. Hat ja schließlich deswegen den Patriarchen geheiratet! Sie, der jüngste Sohn des Patriarchen und der Patriarch selbst, sie alle gieren nach der Farm. Ein Abend für dieses Dreiergespann: Oliver Stokowski (der Patriarch Ephraim Cabot), Noah Saavedra (der Sohn Eben) und Pia Händler. (Abbie). Abbie bringt am meisten „Präsenz“ auf die Bühne, steht ja auch gefühlsmäßig im Mittelpunkt des Stückes. Aus Eben und Abbie bricht bei aller Gier im Laufe des Stückes die große Liebe heraus. Allerdings ist die Handlung des Stückes, denke ich mir, etwas eigenartig, auch banal: Abbie zeugt mit Eben ein Kind, aber sie tut so, als sei es das Kind von Ephraim. Um aber die echte Liebe zu Eben zu beweisen, tötet sie dann sogar ihr eigenes Kind! Auch hier eine Zuspitzung auf der Bühne: Sie erschlägt ihr Kind brutal! Eben wiederum bekennt sich dann aus seiner Liebe zu Abbie heraus auch selbst als schuldig.
Nun gut, man kann sich denken: „Das Materielle hat die Gefühlswelt völlig zerstört!“ Dieses Thema ist auch nicht nur ein amerikanisches Thema, es betrifft uns alle, auch heute noch! Immer mehr sogar. Wir müssen uns dessen nur bewusst werden! Eugene O‘Neill sprach vom „bösartigen Materialismus“, so das Programmheft. Mir blieb der Abend aber angesichts dieses doch schwerwiegenden Themas zu bieder.
Hier noch ein Bild:

HIER der Link zur Stückeseite auf der Website des Residenztheaters.
HIER ein Kurzporträt von Evgeny Titov auf der Website des Residenztheaters.
Copyright der Beitragsbilder: Birgit Hupfeld, Münchner Residenztheater
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