„Einfach das Ende der Welt“ nach Jean-Luc Lagarce war gestern zu sehen. Es ist eine der zehn Inszenierungen, die zum Berliner Theatertreffen 2021 „eingeladen“ wurden. Eine Inszenierung von Christopher Rüping am Schauspielhaus Zürich. Ich schreibe nicht gerne über Dinge, die die Leser des Blogs nicht mehr sehen können. Aber vielleicht ist dieses Stück am Schauspielhaus Zürich irgendwann noch zu sehen. Ich weiß es momentan nicht.
Ein „moderner Klassiker“ wird das Buch von Jean-Luc Lagarce genannt. Es gibt auch eine Verfilmung, vor einigen Jahren in Cannes ausgezeichnet mit dem Großen Preis der Jury. Und hier die Inszenierung. Sie hat mich nicht begeistert. Die große leere Bühne war dabei sehr erfrischend, wohltuend. Die zunächst sehr ausführlich gezeigte Einrichtung der Familienwohnung des Heimkehrers (beim Heimkehrer Louis Erinnerungen erweckend) wird in einer viertelstündigen Pause komplett weggeräumt. Trotzdem.
Das Thema: Nach zwölf Jahren Abwesenheit kehrt der erfolgreiche Sohn (Louis) einer Familie aus einfachen Verhältnissen zu seiner Familie zurück. Der Grund: Er ist unheilbar krank (AIDS) und wird demnächst sterben. Er möchte offenbar zurück zu seiner Familie. Die Inszenierung zeigt aber im Grunde nur, dass sich alle nichts mehr zu sagen haben. Sie können nicht einmal mehr irgendwie sinnvoll miteinander reden.
Dahinter steht – generell gehalten – vielleicht die Frage: Kann man in seinem Leben noch einmal etwas „aufwärmen“, was man einmal aufgegeben hatte? Dem Heimkehrer Louis gelingt es nicht. Er hört sich alte Vorwürfe an, mehr nicht. Er hatte sich eben zwölf Jahre zuvor ziemlich wortlos in sein eigenes Leben begeben, alle anderen, seine beiden Geschwister, seine Mutter, blieben zurück und blieben zusammen. Sein Bruder ist mittlerweile verheiratet, hat zwei Kinder. Er selber, Louis, lebte ein schillerndes Leben als (schwuler) erfolgreicher Schriftsteller, er verwirklichte sich, die übrigen Familienmitglieder blieben pflichtbewusst zusammen und lebten ein viel biedereres Leben. Freude am Leben mag bei ihm gewesen sein, weniger bei seinen Familienmitgliedern. Es ist aber nicht unbedingt Neid, was hochkommt, es ist einfach absolute Sprachlosigkeit, man versteht sich überhaupt nicht mehr! Die Inszenierung zeigt im Grunde diese völlige Sprachlosigkeit, gespielt von durchweg guten SchauspielerInnen! Das schon!
Und nun, kurz vor seinem Tod, möchte Louis also wieder zur Familie zurückkehren. Er möchte einmal umarmt werden, keiner tut es. Er sagt, er interessiere sich für seine Familie! Reaktionen darauf gibt es nicht … er spricht Kindheitserinnerungen an. Keiner versteht ihn, darum geht es keinem mehr. Die Dialoge sind dabei meines Erachtens zu dünn geraten. Es mag auch daran liegen, dass es dem Heimkehrer Louis (gut gespielt von Benjamin Lillie) nur kurz gelingt, seiner Familie zu sagen, dass er in Kürze sterben wird. In der Romanvorlage gelingt es ihm sogar überhaupt nicht. Hier noch eine Aufnahme der Inszenierung:

HIER der Link zur Stückeseite auf der Website des Schauspielhauses Zürich.
Nun gut, dies war der erste Teil der 10er-Auswahl des diesjährigen Theatertreffens. Es geht weiter.
Copyright der Beitragsbilder: Diana Pfammatter
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