Ich würde ja gerne wissen, ob sich Ödon von Horvath über diese Inszenierung seines Stückes „Glaube Liebe Hoffnung“ am Münchner Volkstheater wirklich gefreut hätte. Obwohl das Stück inhaltlich „erzählt“ wurde, wurde meines Erachtens von der Stimmung, die Ödon von Horvath vor Augen haben mochte, vielleicht ja irgendwie zu wenig erwischt.
Vielleicht wird es zu sehr heruntergespielt, nach dem Motto: „Wir müssen etwas bieten!“ Es fehlten ruhige Momente meines Erachtens. Es hätte einfach weniger sein können. Weniger ist oft mehr. Das große Manko unserer Zeit.
Die Geschichte – basierend angeblich auf einer wahren Begebenheit – von „Glaube Liebe Hoffnung“:
Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit der 30er Jahre. Die junge Elisabeth kämpft um ihre Existenz. Als Vertreterin für Damenwäsche versucht sie sich durchzuschlagen, benötigt dafür einen Wandergewerbeschein für 150 Mark. Entschlossen, sich nicht unterkriegen zu lassen, bietet sie dem Anatomischen Institut ihre Leiche zum Verkauf an. Erfolglos, denn Leichen gibt es zu Hauf in diesen schwierigen Zeiten. Der Präparator leiht ihr 150 Mark, nicht wissend, dass Elisabeth damit ein Bußgeld begleichen muss, weil sie ihr Gewerbe ohne Lizenz ausgeübt hat. Als die Wahrheit ans Licht kommt, wird Elisabeth zu einer Haftstrafe verurteilt. Sie ist dann arbeitslos und vorbestraft. Ohne Arbeitserlaubnis keine Arbeit, ohne Arbeit kein eigenes Einkommen, ohne Einkommen keine Chance auf ein rechtschaffenes Leben. Selbst die Liebe zu dem Polizisten Alfons scheitert an Elisabeths Vergangenheit. Am Ende verliert Elisabeth ihren Glauben, ihre Liebe und die Hoffnung in einer Gesellschaft, sie begeht einen Selbstmordversuch. Die Gesellschaft, die den Einzelnen lieber zugrunde gehen sieht, als die Vorstellung von Recht und Gerechtigkeit in Frage zu stellen
In gewisser Weise war mir die Inszenierung zu erwartungsgerecht: Das Bühnenbild etwa war so, wie man sich an der Schauspielschule ein Bühnenbild wahrscheinlich vorstellt: Links und rechts dünne Wände mit mehreren Türöffnungen nebeneinander – nach hinten erhöht sich die Bühne stark – um einen optischen Effekt zu erzielen, werden die Türen nach hinten immer kleiner – auf der Bühne stehen ein paar Tische, mehr nicht – Trennwände werden manchmal hoch oder runter gefahren. Die Schauspieler wirken oftmals viel zu groß für die klein wirkende Bühne. Nun gut, der Regisseur und Intendant Christian Stückl wird sich etwas dabei gedacht haben. Es sollte sicher extra so sein. Aber heraus kam dann eben etwas eher langweiliges, finde ich. Ich glaube allein schon: Eine so stark angeschrägte Bühne ist einfach out! Das hat man bis vor zehn Jahren ständig gebracht. Schade! Schlichtweg ebenerdig, also waagerecht, wäre doch schön gewesen!
Auch die Kostümierung war meines Erachtens zu einfallslos. Eigentlich trugen alle Schauspieler schwarz-weiß. Das wiederum erinnerte eher an Franz Kafka, aber nicht Ödon von Horvath. Alle Schauspieler trugen noch dazu durchgehend schwarze Zylinder oder andere schwarze Hüte. Meines Erachtens viel zu ideenlos von Stefan Hageneier, der verantwortlich war für Bühne und Kostüme.
Schauspielerisch konnte meines Erachtens nur Nina Steils überzeugen. HIER ihre Seiten auf der Website des Volkstheaters. Sie wird in der Tat auch für ihre Leistungen an der Volksbühne, auch in „Glaube, Liebe, Hoffnung“, in der Presse gelobt. Erst seit dieser Spielzeit ist sie am Volkstheater. Sie spielt in Glaube Liebe Hoffnung so, als würde sie sich wirklich etwas zurückziehen und das ein oder andere Mal zurecht fast über die übertriebene und hektische Spielart um sie herum wundern. Sie ist die einzige, die ruhige Momente in diesem Stück hat. Und genau die sind gut! Besonders der Präparator – Schauspieler Oleg Tikhomirov – spielt dagegen durchgehend übertrieben nervös, hektisch, unruhig und laut. Aber nicht nur er. Christian Stückl wird sich aber auch hier sicher etwas gedacht haben.
Christian Stückl zeigt eine laute und nervöse, aber eigentlich auch sehr verängstigte Männerwelt um die zarte Elisabeth herum. Männerwelt, Frauenwelt, ein Thema für Horvath. Mir schien es aber irgendwie nicht ganz stimmig! „Bellende Hunde beißen nicht“, heißt es doch. Dann wären doch all die Herren um Elisabeth herum ziemlich bisslos! Ödön von Horvath zeigt aber, dass Elisabeth tatsächlich zu Grunde geht in der damaligen Männerwelt. Nicht nur an den Männern, sie wird von der Justiz und der Armut und den Männern in die Enge getrieben. Vielleicht sollten Sie also doch lieber etwas weniger „bellen“, die Männer in dieser Inszenierung.
HIER die Seite zum Stück.
©️ des Beitragsbildes: Gabriela Neeb
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