Sie sind kaum wiederzuerkennen und man muss vor allem fast schon gut Englisch können, um zu verstehen, was angeboten wird. Die Münchner Kammerspiele: „The Munich Kammerplays“ kann man sie nennen. Sie geben sich englischsprachig. Schon die Hausfront der Münchner Kammerspiele in der Maximilianstraße – siehe mein Foto oben – zeigt es ja.
„What is the City?“ und „I beleive in pink“ liest man an der Front. Ein Auszug aus dem derzeitigen Programmangebot zeigt es dann noch deutlicher. Angekündigt sind für Februar und März
- Through a window – eine „Sammlung digitaler Kunstwerke der syrischen Künstlerin Sulafa Hijazi“ im Habibi Kiosk
- Sisterhood – ein „Talk“ mit der Künstlerischen Leitung des TR Warzawa über die Möglichkeiten internationaler Zusammenarbeit
- Broken Brecht – ein „epischer Autorinnenschaftskrimi“
- tanikō (cold love)
- Like Lovers Do (Memoirs of Medusa) – im Rahmen von Arbeit am Feminismus #schreiben
- The Tempest
- The Fittest Will Survive?
- The Digital Assembly
- Jeeps
- Bohren & der Club of Gore
- Habibi Gigs
- Gezeigt war schon: „Touch“ von Falk Richter
Das ist viel für ein/zwei Monate! Dazu wir dann übrigens – zugegeben: neben einzelnen deutschsprachigen Titeln – derzeit noch angekündigt:
- Paisajes para no colorear – Landschaften die nicht auszumalen sind
- BELARUS! Das weibliche Gesicht der Revolution?
- Buđenje Proleća – Frühlingserwachen
Und dazu laufen dann auch noch immer wieder – langfristig angelegt – Veranstaltungen unter dem (auf die Münchner Stadtgemeinschaft bezogenen) Motto: „What is the City?“
Am Münchner Odeonsplatz fand dazu im vergangenen Jahr auch schon statt: „What is the city but the people? Eine – wie es hieß – Stadtraum-Performance mit Münchner*innen.
Nun, Internationalität ist natürlich unser alltägliches Leben geworden, keine Frage! Und ich habe nichts gegen Internationalität oder gegen die englische Sprache! Überhaupt nicht! Ich finde es immer wieder interessant zu sehen, wie man sich in anderen Ländern künstlerisch ausdrückt. Zuletzt hatte ich ja über ein wunderbares Streaming eines polnischen Teams am Residenztheater berichtet (HIER der Link). Aber doch gleich so geballt? Wo bleibt denn die Münchner Stadtgemeinschaft? Die Münchner Kammerspiele treten unter der neuen Intendantin Barbara Mundel vor allem mit folgendem Vorhaben an:
„Wir fragen nach neuen Verantwortlichkeiten im Theater: Wer spricht, wer entscheidet, was und wie wird erzählt? Theater verstehen wir als Labor … Dabei suchen wir nach neuen Begriffen, fremdartigen schönen Sprachen, lebbaren Körperlichkeiten und nach den verbindenden Erzählungen der Zukunft. … Wir möchten zugänglich sein und unsere Zugänglichkeit immer wieder aufs Neue überprüfen. Wir lassen die Wirklichkeit nicht in Ruhe. Sie lässt uns ja auch nicht in Ruhe.
Diese wortreich angelegten schönen Vorhaben setzen meines Erachtens auch voraus, dass – vor allem als Stadttheater – die „Zugänglichkeit“ zum Theater möglichst vielen MünchnerInnen aus allen Schichten gegeben bleibt. Und genau da mag die Frage entstehen, ob die überbordende Internationalität und vor allem Englischsprachigkeit des aktuellen Angebots für manch einen nicht eher schon abschreckende Wirkung oder gar geradezu etwas Elitäres hat. Wird damit nicht sofort eine Schere aufgemacht?
Dies ist mein Eindruck. Theater haben es nicht leicht momentan. Da hängt natürlich vieles in der Schleife und kann nicht richtig austariert werden. Wir werden sehen.
Comment
Haben sie keine Angst vor englischen Stücktiteln, bzw. Untertiteln.
Die Stücke sind Großteils in deutscher Sprache, und wenn auf der Bühne einmal in einer anderen Sprache gesprochen wird gibt es in der Regel Untertitel (übrigens meist zusätzlich in Englisch für die Zuschauer die sich mit Deutsch schwer tun).
Außerdem im Programm:
Flüstern in stehenden Zügen
Das Oktoberfestattentat
Dr. Bergs Ferndiagnosen
Gespenster – Erika, Klaus und der Zauberer
Die Versammlung / The digital Assembly
BELARUS! Das weibliche Gesicht der Revolution? würde ich auch in die Liste der deutschsprachigen Stücktitel aufnehmen, da es sich hier um die politisch Korrekte Bezeichnung dieses Landes handelt.
Zudem die Stücke die momentan aufgrund der Schließung nicht gezeigt werden können:
Eine Jugend in Deutschland
Ich bin´s Frank
Effingers
Der Regenbogenfisch
Liebe, eine argumentative Übung
und die zukünftigen Produktionen, an denen gerade fleißig gearbeitet wird:
Heldenplatz
Der Sprung vom Elfenbeinturm
„Wir schwarzen müssen zusammenhalten“ – eine Erwiderung
Bayrische Suffragetten und
Fäden
Sie sehen also, es ist einiges geboten.