Philippe Quesne ( gesprochen: „Kenn“) war schon mehrfach an den Münchner Kammerspielen. Zuerst mit dem schönen Stück „Caspar Western Friedrich“, dann mit dem Stück „Die Nacht der Maulwürfe“. Jetzt war er mit einem dritten Stück in München, wieder an den Kammerspielen: „Crash Park“. In diesem Blogbeitrag finden sich schöne weiterführende Links zu seinen Produktionen.
Mit den bisher an den Münchner Kammerspielen gezeigten Inszenierungen ist Philippe Quesne in verschiedenster Form das Thema “Der Mensch und sein Verhältnis zur Natur“ angegangen. Das klingt nicht besonders spannend, die Herangehensweise von Philipp Quesne an dieses Thema, auf das er wohl immer wieder zurückkommt, ist aber immer überraschend, bildlich stark, sensibel und, finde ich, irgendwie meist ergreifend. Man muss sich nur drauf einlassen, was den Münchnern gerade damals beim wunderschönen Stück „Caspar Western Friedrich“ nicht gut gelang. Ich konnte es dagegen gut mehrfach ansehen und genießen. Man darf bei Philippe Quesne eben nicht klassisches „Sprechthater“ erwarten.
Ende März wird Philippe Quesne dann wieder mit seinen neuen Inszenierung an den Münchner Kammerspielen sein: „Farm Fatale“.
Philippe Quesne ist ein französischer Meister für „skurril-fantastisches Bildertheater“. Er gehört zu den erfolgreichsten europäischen Theaterregisseuren: Als Nachfolger von Patrice Chérau hat er als Intendant das Pariser Théâtre Nanterre-Amandiers „zum Hotspot für neue Theaterentwürfe gemacht und zur Bildenden Kunst geöffnet“, heißt es. HIER die interessante Website des Théâtre Nanterre-Amandiers.
Quesnes Inszenierungen werden auf allen guten Bühnen der Welt gezeigt. HIER eine kurze Biografie von Philipp Quesne (vom Frankfurter Mousonturm), von der man sich schnell zu einigen Bildern seiner aktuelleren Produktionen klicken kann.
Er erzählt nicht Geschichten, er schafft Atmosphären, schafft Stimmungen. Etwa wie Thom Luz, der ja auch bald mit seiner aktuellen Inszenierung („Girl from the Fogmachine Factory“), die zum Berliner Theatertreffen 2019 eingeladen ist, an die Münchner Kammerspiele kommt. Und er schafft es, allein über Stimmungen etwas zu vermitteln. So auch bei Crash Park. Es wird kaum gesprochen. HIER der link zur Seite der Produktion auf der Website der Münchner Kammerspiele. Und HIER der Link zu einem Produktionsdossier zum Stück „Crash Park“.
Es beginnt beim Betreten des Theaterraumes ganz alltäglich – mit Aufnahmen aus einem Flugzeug während eines Fluges. Irgendeinen Flug, lesende, schlafende, Musik hörende, am Computer arbeitende, essende, nicht besonders sympathisch anmutende Menschen. Ein großes Flugzeugmodell wird von einer Gruppe durch den Zuschauerraum getragen. Es stürzt ab bei dramatische Musik. Es bleiben ein paar Menschen übrig, die sich auf eine kleine Insel retten. Schön schon, wie sie es spielen, sich auf die Insel zu retten und die Insel erkunden. Man beobachtet die (fast wortlose) Entwicklung dieser kleinen Menschengruppe und der Insel. Es verbietet sich fast, eine feste Interpretation der Beobachtungen zu bringen. Das ist auch nicht gewollt. Man kann und darf, denke ich, nicht alles immer durchinterpretieren, man engt sich damit ja nur ein.
Ich könnte allenfalls sagen: Was man sieht, ist einerseits traurig, andererseits belebend. Traurig insoweit, als die kleine Insel mehr und mehr zerstört wird. Sie wird zu einem Partyraum, die Überlebenden haben aber ihre Freude, genießen das Leben. Auch die am Schluss auftauchende Riesenkrake, die sich wohl letztlich doch für die zivilisatorische Nutzung der Insel rächen will, kann die Insel nicht mehr retten. Am Ende wird die Insel auseinandergenommen, so sehr ist sie zerstört. Die Überlebenden liegen ermüdet, erschlafft in verschiedenen Kammern des Inselgerüsts.
Belebend ist andererseits trotz allem immer wieder die Musik und belebend sind die künstlerischen – auch gesanglichen – Einlagen der Überlebenden. Die Kunst spielt für die Überlebenden eine wichtige Rolle. Sie singen gemeinsam, sie singen alleine, sie tanzen. Kunst ist wohl auch grundsätzlich für Philipp Quesne wichtig. Schon die „Nacht der Maulwürfe“ endete mit Rockmusik. Auch bei „Caspar Western Friedrich“ wurde zur Gitarre am Lagerfeuer gesungen. Auch das mag Anlass zu jeder Menge Interpretationen geben.
Die Maulwürfe tauchen übrigens auch hier, bei Crash Park, anfangs als Bewohner der Insel auf. Man hört, Philipp Quesne kommt in der Regel gerne auf solche Elemente seiner jeweiligen Vorproduktion zurück, um letztendlich eine immer weiter fortgeschriebene Story zu entwickeln.
Letztlich ist man beim Leben: Wir wollen und müssen alle das Leben genießen, auch wenn die Insel zerstört wird. Und so weiter…