Es klang nach einer anregenden Kombination: Einerseits: In einer Bar in München (Nähe Goetheplatz) – in der „Bar Gabányi“. Andererseits: Dort Klassik, ein Abend zu Puccinis „La Bohème“. Und der Barbesitzer Stefan Gabányi sogar involviert. Also eine vielleicht skurrile Kombination! Ich also hin!
Es ist – wieder (wie kürzlich die Olympia-Aktion, HIER) – eine vom Kulturreferat der Stadt München geförderte Aktion, eine kleine Reihe von insgesamt vier Konzerten zu Puccinis La Bohème: „La Bohème 2022“, an vier verschiedenen Orten, verteilt über mehrere Monate bis Ende des Jahres.
In der Bar Gabányi war nun Konzert II an der Reihe. Konzert III wird am 15. November im Schwere Reiter (am Leonrodplatz) stattfinden und Konzert IV am 2. Dezember am Köśk (Nähe Schwantalerhöhe). Immer gespielt vom „Ensemble für sykretische Musik“ . Zwei Violinen, eine Viola, ein Violoncello, zwei Synthesizer, ein Klavier.
HIER der Link zur Website des Ensembles für sykretische Musik und damit gleichzeitig zu den umfassenden Erläuterungen zur Konzertreihe La Bohème 2022. Und HIER der Link zur Website der Bar Gabányi.
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In Puccinis La Bohème geht es um vier verarmte Künstler. Schaunard/Musiker, Colline/Philosoph, Marcello/Maler und Rodolfo/Dichter. Jedem dieser Künstler ist jetzt in der Konzertreihe La Bohème 2022 ein Konzertabend gewidmet. Es geht im Grunde um das prekäre Leben von Künstlern heute! Auch das ist ein köstlicher Widerspruch: Allein das Thema (Prekariat) und dann das Konzert dazu in einer schönen Whiskybar!
Diesmal war der Philosoph Colline im Blickfeld. Stefan Gabányi hat zur Musik einen Text vorgelesen. Es war ein (fast) philosophischer Text von Erich Maria Remarque über Schnaps. Erich Maria Remarque, Schnapsliebhaber, hatte in seinem Artikel „Über das Mixen kostbarer Schnäpse“ 1924 in einer Zeitschrift in Hannover mit vielen Worten den feinen und schwierigen Charakter von Schnaps dargelegt und den richtigen Umgang mit Schnaps beschrieben.
Auf die Musik möchte ich nicht sehr genau eingehen, der Leser dieser Zeilen kann es ja leider nicht mehr „nachhören“! (Teil IV der Reihe im Dezember im Köšk bringt allerdings Videoausschnitte der vorhergehenden Aufführungen.) Nur so viel: Es gab erst den Auftritt von Klavier, Synthesizer und Streichquartett und danach ein kleines Konzert der vier Streicher/der Streicherin alleine. Die vier Streicher/die Streicherin spielten das Streichquartett „Werden – Sein – Vergehen“ von Anton Webern. HIER das Streichquartett auf Youtube.
Wunderbar spielte – das doch noch zur Musik – das Streichquartett des Ensembles für sykretische Musik in diesem kleinen Kreis. Anton Weberns Streichquartett ist ein schwerfälliges (sensibles) und wahrscheinlich schwieriges Stück. Beim Auftritt davor (Klavier, Synthesizer etc.) habe ich dagegen die angekündigte „Fahrt durch die Gedankenwelt des Philosophen und Phantasten Colline“ nicht ganz verstanden. Zu Beginn wurde zumindest ein Video über die Gedanken Collines zur ihn letztlich störenden Welt gezeigt.
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Stefan Gabányi wiederum: Er war viele Jahre Barkeeper und Whisky-Experte im Schumann’s, ist Herausgeber des Buches Schumanns Whisk(e)y-Lexikon. Seit 2012 hat er seine eigenen Bar. Die „Bar für verständnisvolle Trinker“, sagt er. Die Bar Gabányi ist im Souterrain, gemütlich dunkel gehalten, persönlich eingerichtet, mit einer kleinen Bühne, auf der alle paar Wochen ein kleines Konzert stattfindet. HIER das Bühnenprogramm (das Programm ab Oktober folgt in Kürze, heißt es). Man kann auch draußen sitzen, auf der Treppe zum Souterrain liegen kleine Kissen für Sitzgelegenheiten. Mit feiner, nicht überteuerter Karte der Drinks und knapper Speisekarte, Würstl im Saft etwa, Ölsardinen, auch Sandwiches. Also: Unspektakulär ausgehen – nicht schick, aber sehr persönlich – und dabei etwas Besonderes trinken, dazu evtl. etwas Schlichtes essen, das geht hier gut!

Das war also der Abend: Musikalisches in kleinem Rahmen, danach einen schönen Drink zu sich nehmen und über den Tresen hinweg den Blick auf die wieselflink hantierende junge Barkeeperin haben (wie zielsicher, konzentriert und schnell – fast ohne hinzusehen – sie jeweils die richtigen Flaschen und Zutaten zum Mixen der verschiedenen Drinks gezogen hatte!): Das hatte dann doch nicht so richtig viel Prekäres an sich!! Was aber nicht die schwierige Lage vieler vieler Kulturschaffender in diesen Zeiten verharmlosen soll!
Ich bin gespannt auf die beiden weiteren Konzerte der Reihe La Bohème 2022 gegen Jahresende (November und Dezember) und freue mich auf weitere Besuche in der Bar Gabányi und dort auf das vielleicht ein oder andere Konzert (auch vor Jahresende).