Da lehnt sich jemand auf gegen Vieles. Er will wütend sein. Vor allem gegen die Kommerzialisierung und gegen die Methoden in der Musikbranche. Wütend macht er seine Musik, fängt klein an. Grunge Musik, eine Mischung aus Funk und Heavy Metal. Dann wird seine Musik zum Welterfolg. 75 Millionen verkaufte Platten. Seine Wut kommerzialisiert sich weltweit! Vielleicht ist es das, was ihn dazu brachte, Selbstmord zu begehen. Selbstmord mit 27 Jahren! Curt Cobain von Nirvana!
Das letzte Konzert von Nirvana fand in München statt. Hierzu gibt es jetzt an den Münchner Kammerspielen den Abend „Nirvanas Last“. Nirvanas letztes Konzert fand am 01. März 1994 in München, am ehemaligen Flughafen München Riem, statt. Es wird an den Kammerspielen komplett – Wort für Wort und Lied für Lied – nachgespielt. Ein Musikabend. Es waren damals zwei Konzerte angesetzt, nur eines findet statt. Curt Cobain brach die Tournee ab und beging kurz danach Selbstmord.
Ich habe nach dem gestrigen Abend noch jemanden gesprochen, der eine Karte für das zweite Konzert hatte!
Idee und Regie: Damian Rebgetz. Schauspieler und Performer an den Münchner Kammerspielen, der immer wieder auch eigene Stücke erarbeitet.
Ich war nie Nirvanafan. Sie sind an mir vorbeigegangen. Ich habe sie nie verstanden, fast nie gehört. Und trotzdem: Ich habe den Eindruck, dass es der Abend schafft, Nirvana irgendwie aus dem riesigen Schatten, dem tiefen Dunkel der Kommerzialisierung herauszuholen und völlig anders zu präsentieren. Das Dunkel, das Nirvana verschluckt hat, das Nirvanas Wut kommerzialisiert und damit letzlich wertlos gemacht hat. Alle Lieder werden Deutsch gesungen. Sie werden nicht im Nirvanastil gesungen. Zu Beginn des Abends sagt Damian Rebgetz: „Wir sind nicht Nirvana, wir sind Schauspieler der Münchner Kammerspiele.“
Die Songs werden langsam, ruhig, textbetont gesungen – ja gesungen, nicht gebrüllt. Fast melancholisch. Dann auch wieder etwas wütend. Wunderbar etwa die Wut von Zeynep Bozbay. Das Programmheft bietet alle Songtexte. Die damals gegebene Zugabe wird mit Streichmusikern geboten, siehe das Beitragsbild oben.
Nirvana erhält durch die vier jungen Schauspieler Damian Rebgetz, Benjamin Radjaipour, Christian Löber, und Zeynep Bozbay an diesem Abend tatsächlich ein Gesicht. Wunderbar etwa Christian Löber als Gitarrist. Allein die oft hilflosen Gesichtsausdrücke aller vier sind immer wieder eine Wonne, sie haben erstaunlicherweise auch immer wieder versteckt etwas Ironisches in sich. Aber sie sind nicht im geringsten aufdringlich. Alle bringen unterschwellig auch immer wieder eine Art Weltschmerz zum Ausdruck.
Was soll ich sagen: Es bleibt für mich letztlich ein unverständliches Gesicht von Nirvana, aber es ist wohl ein neues Gesicht! Kombiniert übrigens mit mitschwingendem bayerischen Hintergrund. Nirvana so zu präsentieren: Eine gewagte Sache, die sehr rund geworden ist!
Hier noch eine Bild, kurz waren sie verkleidet:

Und es ist so treffend: Die Kommerzialisierung und die Münchner Kammerspiele! Es war die Münchner Stadtrats-CSU, die sich viel zu früh gegen die Intendanz von Matthias Lilienthal ausgesprochen hatte, weil ihr anfangs die Auslastung des Münchner Stadttheaters nicht gut genug schien! Was für eine Argumentation! Kommerzialisierung! Ist denn ein Bild Kunst dann, wenn viele Menschen vor ihm stehen bleiben? Wenn es sich kommerzialisiert?
HIER die Seite zum Stück „Nirvanas Last“ auf der Website der Münchner Kammerspiele mit den weiteren Terminen.
Copyright der Bilder: David Baltzer