Das Gedicht von Rainer Maria Rilke „Archaischer Torso des Apoll“ ist berühmt. Vor allem über die letzten zwei Sätze wurde tonnenweise geschrieben. Sie lauten: „Denn da ist keine Stelle/die Dich nicht sieht. Du musst Dein Leben ändern.“ Es geht hier nicht darum, zu sagen: „Ich kenne das Gedicht auch!“ Eher: Es gab einfach einen Menschen, Rainer Maria Rilke, der es geschafft hat, mit unserer begrenzten Sprache etwas in Worte zu fassen, was das Wesen der Kunst und eigentlich das Wesen von allem berührt. Das ist doch großartig. Und es kann uns helfen zu sehen: „Was ist Kunst?“ So wird es oft interpretiert. Ist doch schön, wenn wir in unserem kurzen Leben zur Kunst Zugang haben. Und: Wenn Kunst auch das Politische, Technische, Ökonomische etc. mitbeeinflussen kann.
Erstaunlich ist am Gedicht: Rilke war 1905/1096 Sekretär von Rodin. Er beschreibt einen Torso ohne Kopf, ohne Arme, ohne Beine. Und trotzdem ist es nicht nur ein Stein. Der Torso – so Rilke – sieht uns! Er glüht und glänzt und blendet und flimmert und „bricht aus wie ein Stern“ und sieht Dich an jeder Stelle.
Und dann dieser Imperativ: Du MUSST Dein Leben ändern. Also jeder muss sein Leben ändern. Jeder. Muss. Nicht etwa: Sollte, könnte, darf etc. Jeder muss. Es ist nicht eine Empfehlung, es ist so. Es geht nicht, zu sagen: „So ist es. So muss es sein.“ Dann würde man ja beim Torso schnell sagen: „Da fehlt der Kopf, da fehlen Arme und Beine, es ist ein kaputter Stein.“ Aber alles ist unvollständig. Das Leben und auch die Kunst. Und trotzdem wirkt alles. Und wir müssen es akzeptieren. Und daher sieht Dich „jede Stelle“. Im Leben und in der Kunst. Nicht nur die Augen oder so. Und, folgert man etwa, bei der Kunst ist eben „jede Stelle“ gleichwertig! Jede flimmert auf Dich.
Das sind wenige Sätze zum Gedicht/Sonett. Weiteres lässt sich am besten googlen. Lohnt sich, um diesen und weiteren Gedanken dazu näher zu kommen.
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