„Reich“ ist das Motto des Festivals „Politik im freien Theater“, über das ich zur Zeit viel schreibe – also der Kontrast „Arm und Reich“. Und was mache ich sonst? Ich schaue mir doch glatt auch noch „JEWELS“ am Bayerischen Staatsballett an! Also Wohlstand pur. Keine Frage, es war ein Schritt zurück in alte Zeiten. Choreografie von 1967! Wunderschön, bewundernswert, aber eben veraltet, die Zeiten haben sich geändert. „Aktuelles“ sieht man derzeit auf dem Theaterfestival „Politik im freien Theater“, „alte Zeiten“ sieht man in wunderbarer Schönheit daneben im Ballett „Jewels“.
Der Tanzvisionär George Balanchine, der in St. Petersburg geboren wurde und aufwuchs, dann das New York City Ballet gründete und bis zu seinem Tod 1983 leitete, hatte sich damals – um 1967 herum – von der SCHMUCKAUSLAGE eines Juweliers auf der Fifth Avenue inspirieren lassen! Damals war Reichtum eben noch bewundernswert, heute ist es ja eher problematisch! Wobei: Ich muss sagen, es ist klasse, dass es Reichtum gibt! Was wäre ohne Reichtum? Dann hat Balanchine jedenfalls die drei Teile des Balletts jeweils nach einem Juwel benannt und auch Kostüme, Bühnenbild und Choreographie farblich und stilistisch an die Edelsteine angelehnt. Mit genau dieser Choreografie wird Jewels derzeit in München gezeigt.
Gleichzeitig ist das Ballett eine HOMMAGE an die drei Länder und Balletttraditionen, die seine Biographie stark geprägt hatten: Emeralds (Frankreich), Rubies (Amerika) und Diamonds (Russland). Jewels gilt als erstes abendfüllendes „abstraktes Ballett“´der Tanzgeschichte – also ohne eine Story zu erzählen.
ÜBRIGENS: Das Bayerische Staatstheater ist die einzige Kompanie weltweit, die neben dem New York City Ballet das Bühnenbild von Peter Harvey – er zeichnete schon bei der Uraufführung von Jewels für das Bühnenbild verantwortlich – von 2004 zeigt.
AUCH DIE KOSTÜME folgen den originalen Entwürfen von Balanchines Kostümbildnerin und Oscar-Preisträgerin Barbara Karinska, die sie 1967 für die Uraufführung von Jewels konzipiert hatte. Balanchine würdigte sie mit den Worten: „There is Shakespeare for literature and Madame Karinska for costumes.“
Und man merkt es tatsächlich: Es ist aus der DAMALIGEN ZEIT, nicht aus der heutigen Zeit! Zwar höchstkarätig, aber: Der erste Teil, Emeralds, ist tänzerisch fast bieder. Hier aus dem Programmheft:
Der zweite Teil, Rubies, sollte das wildere Leben in New York zeigen, aber auch das kommt heute sogar eher bieder und gebremst rüber. Fast amüsant, zu sehen, was damals unter „wildes New York“ gesehen wurde. Man merkt auch tänzerisch, dass sich die Zeiten geändert haben! Auch hierzu aus dem Programmheft:
Der dritte Teil, Jewels, ist eine Hommage an die russische Eleganz der zaristischen Zeit. Wunderschön! Wirklich wunderschön! Und erstaunlicherweise am ehesten zeitlos. Programmheft:
„Jewels“ ist die einzige Premiere des Bayerischen Staatsballetts in dieser Spielzeit. Wenn man es sich ansieht, muss man eben wissen, dass man nichts Modernes ansieht, sondern etwas, das gute 50 Jahre alt ist und so bleibt. Dann kann man es wunderbar genießen! Es ist ja wieder einmal Höchstleistung! Und man merkt, dass es ein besonderes Werk der Gesamtchoreographie alter Schule ist! Im April kommenden Jahres kommt es mehrfach. Man muss aber wissen: Die Welt hat sich längst weiterentwickelt. Das Ballett wahrscheinlich auch – da maße ich mir aber nicht an, das beurteilen zu können. Für die aktuelle Welt ist dann jedenfalls vielleicht ein Theaterfestival wie „Politik im freien Theater“ hilfreich!
©️ der Fotos: Wilfried Hösl und Sasha Gouliaev, Bayerisches Staatsballett
HIER der Onlineauftritt zum Abend „Jewels“.
Und hier ein Trailer mit Auszügen und Gesprächen zum Abend:
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